5.9. – Tag des Interventionismus

Was hat die postantideutsche Antifa eigentlich zu den Kriegseinsätzen der BRD zu sagen?

Gemessen am Grad kriegerischer Grausamkeit erscheinen die „Polizeispiele“ der Bundeswehr in Afghanistan im Vergleich zum Vorgehen des nigerianischen oder äthiopischen Militärs gegen islamische Milizen und dessen „Kollateralschäden“ lächerlich.

Quelle

Hier findet sich eine Verharmlosung in einem absurden, irreführenden Vergleich anstelle von Delegitimierung. Nach dem Motto: Deutschland ist gar nicht so schlimm und will in Sachen Kampf gegen den Islamismus nur ein bisschen »spielen«, macht sich also nur minimal die Hände schmutzig. Die Anderen schlagen viel blutiger zu. Deutschland ist sogar so »lächerlich«, dass man sich ihm gar nicht mehr kritisch anzunehmen braucht.

Anders als der Contra-Support der USA im Chile, Nicaragua oder El Salvador der 70er und 80er oder gar Vietnam stünden militärische Interventionen dieser Tage – so politisch, taktisch und moralisch zweifelhaft ihre Durchführung auch sein mag – einer „positiven“ gesellschaftlichen Entwicklung nicht mehr prinzipiell entgegen.

Mit dieser changierenden Rhetorik rettet man sich vor der schlichten positiven Aussage »Interventionen führen zu Fortschritt«, die man so aus szenemoralischen Gründen nicht tätigen kann. Gemeint ist jedoch genau das. Eigentlich und prinzipiell ist so ein Krieg voll fortschrittlich, nur die Durchführung könnte besser sein, damit der Antifa ein reineres Gewissen dabei hat. Liebe »Salonkommunisten«, das ist prächtig, denn: diese Auffassung steht einer Karriere bei der Bundeswehr nicht mehr prinzipiell entgegen. Solange das Sturmgewehr des Deutschen den Richtigen trifft, seid ihr dabei.

Überhaupt, wir Kommunisten waren schon immer gegen Pazifismus:

Eine pazifistische Antikriegsposition ... ist historisch betrachtet zudem nie Teil des Programms linker, sozialistischer oder kommunistischer Bewegungen oder Parteien gewesen.

Das ist mal ein Autoritätsargument. Außerdem ist Krieg ohnehin nicht gleich Krieg:

die Linke hat den Sinn für Internationalismus verloren. ... Auseinandersetzungen unter Beteiligung der USA oder Israels [stehen] automatisch im Fokus der allgemeinen und linken Aufmerksamkeit, auch wenn Body Count und andere Abscheulichkeiten in den Kriegen zur Durchsetzung kapitalistischer Vergesellschaftung eher „dezenter“ ausfallen als in anderen zeitgleich ausgetragenen religiösen oder nationalistischen Konflikten, deren Ziel oft Vertreibung oder Vernichtung feindlicher Bevölkerungsgruppen ist.

Schön ausgedrückt, dieses »dezent« in Anführungsstrichen. Warum kaprizieren sich immer alle auf die Kriege der westlichen Staaten? Warum schauen alle auf USA, Israel oder gar Deutschland? Dort geht es schließlich »nur« um die Durchsetzung des Kapitalismus. Diese sind, wie man aller Orten weiß, vergleichsweise dezent – also macht euch mal nicht in die Hose, ihr »Friedensfreunde«! Von diesen Kriegen sollte man sein Augenmerk abwenden und den wirklich schlimmen »Konflikten« zuwenden. Es gilt, nicht »die Augen zu verschließen« vor »der Reaktion in der Peripherie«. Antifa heißt Angriff, entsendet Truppen nach Bosnien, Ruanda, Tschetschenien, Sri Lanka, Darfur und Kongo. Denn, so das Demonstrationsmotto: Let peace come.

Ihr politisches Selbstverständnis bringen die Freunde der offenen Gesellschaft dann auch auf den Punkt:

Der Kampf um die offene Gesellschaft und die Möglichkeit einer Perspektive der Befreiung ist ein ständiger Abwehrkampf gegen Nazis und Islamisten.

Das ist also das Kernproblem: Nazis und (die »weltweit betrachtet quantitativ weitaus relevanteren«) Islamisten. Die gilt es zu bekämpfen, hüben und drüben z.B. durch »Militärinterventionen«. Zumindest stehen die prinzipiell einer »positiven« Entwicklung, d.h. in Richtung »liberale Freiheit«, nicht im Wege.

Das ist nun kein Befreiungskampf, das klingt viel zu antiimperialistisch. – Gegen die »rechten Antiimp-Freaks« (edb.) bzw. »linksdeutsche[n] idioten« (Quelle), gemeint sind beidermale diese hier, vorzugehen, ist schließlich ebenfalls erklärtes Ziel. – Stattdessen ist es ein Kampf für die Grundlage der Voraussetzung der Bedingung der Möglichkeit der Aussicht auf die Idee der Perspektive der Befreiung. Oder so. Und deshalb für die »offene Gesellschaft«, d.h. für den Westen, d.h. für den Status Quo, der immerhin selbige Aussicht der Idee der Perspektive usf. ermöglicht, bzw. freilich exklusive deren Nazis.

Kritik und Niedergang [der Sammelideologie des Antiimperialismus] [würde] eine Chance für Befreiung von Nationalismus und Islamismus ermöglichen

Eine seltsame Bestimmung des Nationalismus steckt dahinter: Würde der Antiimperialismus untergehen, bestünde eine Chance für die Befreiung vom Nationalismus. Häh? Und den Islamismus macht er auch noch möglich. – Klar: Dieses ganze Peacenik-Geschwafel hindert uns daran, mal schlagkräftig weltweit aufzuräumen. – Was ist wohl noch alles auf diesen Tausendsassa zurückzuführen? Wenn die Denkmethode lautet, alles einzusammeln und in einen Sack zu stecken, kommt notwendig heraus: Wo wir nicht sind, da ist überall die antiimperialistische Querfront, die sich für alles verantwortlich zeichnet.

»Let peace come« heißt zu aller erst »Let war come«. Das wissen auch die Neonazis, wenn sie »nach unser'm Sieg / nie wieder Krieg« skandieren. Bundeswehr am Hindukusch? Das ist erst der Anfang. Die »moralischen Zweifel« an der praktischen Durchführung können die Antifas sicher noch zerstreuen.

Deutschland abschalten! Antifa überflüssig machen!

29.08.2009