Dem blutigen Zweck der Herrschaft ist die Kreatur nur Material

Unser Lieblings-Jungle-Welt-Autor lobt (einmal wieder) die mörderische Durchsetzungsgeschichte der Wertvergesellschaftung, wie sie alles vorherige vom Planeten gefegt hat. Denn damit wurde schließlich alles besser.
Es ist ein Paradoxon, doch genau mit dieser imperialen Betrachtungsweise begab sich Grzimek außerhalb des kolonialen und rassistischen Denkens.
Der zivilisierte Deutsche marschiert ein und entscheidet paternalistisch, wo es mit dem »Wilden« hingehen soll: Ganz klar, die »Wilden« haben kein Recht, »Wilde« zu bleiben, deshalb werden sie gezwungen, ihre Lebensweise zu ändern.

Das ist jetzt antikolonialistisch? Kein Stück.
sondern mehr und mehr als Menschen und entwicklungsfähige und -willige Gesellschaften ernst genommen
Die Frage ist doch, wer den Maßstab setzt, wohin die Entwicklung geht. Nun, natürlich nicht die Menschen selbst, sondern der Europäer, der es ihnen aufoktroyiert. Die Deutschen bringen ihnen »Zivilisation« bei. Insbesondere wird ihnen eingepaukt, die »Grenze zwischen Menschen und Tieren uneingeschränkt zu akzeptieren«.

Richtig, Mensch und Tier sind verschieden: Das Tier kann sich nicht unterwerfen. Es ist nur bedingt dressierbar, nicht in die weiße Gesellschaft integrierbar. Es ist nicht – wie Bozic es so schön pseudokritisch ausdrückt, aber strunzaffirmativ meint – »durchkapitalisierbar«. Um das Tier kann man nur einen Zaun bauen und es sich selbst überlassen.

Der »Wilde« hingegen, so hat der gute Kolonialist erkannt, ist kein unzähmbares Tier, das seiner Wildheit stets verhaftet bleibt und sich der totalen Kontrolle der Zivilisation des weißen Mannes entzieht, sondern kann (den entsprechenden gut gemeinten Zwang vorausgesetzt) langsam an diese »herangebildet« werden – und vielleicht irgendwann so hoch »entwickelt« sein wie der Deutsche.

Was an diesem Denken transzendiert den Kolonialismus? Es ist Rassismus erster Güte. Die Nichtweißen zu den Menschen zu zählen, die zwangsweise »zivilisiert« werden müssen (weil sie es können im Gegensatz zu den Tieren), unterwirft sie bloß einer anderen, nicht minder gnadenlosen Gewalt als der direkten, der sie unterworfen waren, als sie noch den Tieren zugezählt wurden.
So folgte dem kolonialistischen Naturschutz-Gedanken die Durchkapitalisierung von Land und Leuten – und damit ein effektiverer Naturschutz.
Endlich hat der Kapitalismus weltweit die Herrschaft übernommen, damit wird Natur bestens geschützt – das Telos der Geschichte ist erreicht. Noch der letzte Massai wurde mit brutalstmöglichen Konsequenzen der Wertvergesellschaftung unterworfen. Und Grzimek hat seinen Teil beigetragen, danke dafür!

Das nächste Mal sollte der Jungle-Welt-Redakteur dieses Lob lieber der echten »Welt« überlassen. In dem weitaus differenzierteren Prätext, den Bozic zur Hälfte übernommen hat, stellt der konservative Anti-Öko Michael Miersch fest:
Grzimek hätte sich auch mit dem Teufel getroffen, wenn ein Nationalpark in der Hölle dabei herausgekommen wäre. Wenn es um die Rettung der Tiere geht, nimmt Grzimek nicht immer Rücksicht auf Menschen. Seine Kritiker werfen ihm vor, die rücksichtlose Umsiedlung afrikanischer Dorfbewohner unterstützt zu haben, um menschenleeres Land für Nationalparks zu gewinnen.
Da Bozic nun in einer »linken« Zeitschrift schreibt, muss er diese von Miersch vorsichtig ausgedrückte Kritik natürlich thematisieren. Das heißt: ihr widersprechen, sie zurückweisen. Er setzt gleich noch einen drauf, indem er behauptet, der aggressivste Paternalismus würde sich außerhalb des kolonialen Denkens bewegen.

Dass Grzimek keine Rücksicht auf Menschen nahm und aus Deutschland die fortwährende kolonialistische Intervention organisierte, darauf antwortet Bozic schlicht: »Zum Glück, kann man sagen.«

18.04.2009